Harald F. Müller

Harald F. Müller, 1950 in Karlsruhe geboren, arbeitet mit Farben, Fotografien und Architektur. Er setzt Bildobjekte mit Wandmalerei in den Raum und verzahnt mit seiner Kunst Farbräume und Skulpturen mit Architektur. Seine Bilder durchdringen Raumgrenzen und schaffen neue Räume. Seine Farbkonzepte definieren und charakterisierten Bauten und öffentlichen Raum.

2016 bezieht Harald F. Müller seine neue Atelierhalle statozero.net. Die Halle ist der Ort und zugleich Modell für interdisziplinären Austausch und die Umsetzung in konkrete Projekte durch unterschiedliche Kollaborationen – art, research and education.

Einzelausstellungen, Auswahl
2021MONDIA, Kunstmuseum Thurgau, Schweiz
2020BACK TO BACK, Galerie Mirko Mayer, Köln
2015CIBA NOIR, Magazin 4, Bregenz
2013LE ROUGE ET LE NOIR, Galerie Mai36, Zürich
2000LES FLEURS DU MAL, Art Unlimited, Art Basel/Galerie Mai36, Zürich
1995FOSSE AUX LIONS, CAN – Centre d‘Art, Neuchâtel
1994HARALD F. MÜLLER, Kunsthalle Zürich
1992HARALD F. MÜLLER, Galerie Carée, Villa Arson, Nizza
 
Gruppenausstellungen, Auswahl
2021CH. Galerie Mai36, Zürich
2000HIER DA und DORT, Kunst in Singen, kuratiert von Jean-Christophe Ammann
1994MAMCO – Musée d‘art moderne et contemporain, Genf
1990LE DÉSENCHANTEMENT DU MONDE, Villa Arson, Nizza
1989PHOTO - KUNST, Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgart
1979EUROPA 79, Performance, FAMILI, Stuttgart
 
Architekturbezogene Projekte, Auswahl
2021Universität Stuttgart, Keppler Hochhaus, Farbkonzept
2021Städtisches Klinikum Karlsruhe, Haus M, Farbkonzept
2018Deutscher Hochschulbaupreis, Neubau der Zeppelin University, as-if Architekten, Berlin, Farbkonzept
2017Bundeshöchstleistungsrechenzentrum, HLRS der Universität, Stuttgart, Skulptur-, Raum- und Farbkonzept
2017Université Paris-Saclay, Bâtiment Francis Bouygues, Architektur Gigon/Guyer
2012/15Sammlung Oskar Reinhart am Römerholz, Winterthur, Wandfarben für die Sammlung
2012FIRST CUTS, Bildtafeln im Prime Tower in Zürich, Architektur Gigon/Guyer
2012Google Headquarter Zürich, Farbkonzept, Architektur z2g
2012Institut für Weltraumforschung der Universität Stuttgart, Farbkonzept, Architektur Universitätsbauamt Stuttgart
2003# CCFF33, Neubau der Fakultät für Informatik an der Universität Stuttgart, Wandmalerei und Schriftskulpturen
1998Industriebahnhof Singen, Renovierung 2018, Farbgestaltung in Zusammenarbeit mit Fabian Winkler
1996 BROELBERG I und II, in Kilchberg, Farbgestaltung der Wohnüberbauung, Architektur Gigon/Guyer
 
Lehre / Vorträge / Studium
2021Farbe und Architektur, Lehrauftrag an der Hochschule für Technik Stuttgart, Masterstudiengang Innenarchitektur
2020Transcultural Leadership Summit, Zeppelin Universität Friedrichshafen
2016Vortrag Keramische Fassade, ETH Zürich
2015-20stratozero.net, Projekte und Vorträge mit Studierenden der Kunstakademie Stuttgart, Zeppelin Universität, ETH- Zürich, FH Stuttgart
2015-17Seminarreisen nach Milano, Rio de Janeiro, São Paulo, Beijing, Shanghai mit Studierenden der ETH Zürich, Professur Gigon/Guyer
2009Vortrag Architektur und Bildende Kunst, Architektenkammer Stuttgart
2004Vortrag Farbe im Stadtraum, ETH Zürich
2001Vortrag COLOUR MY WORLD, ZKM Karlsruhe
1979-2014Kunstvermittlung als Pädagogische Skulptur
1970-76Kunststudium/Kunstakademie Stuttgart und Kunstgeschichte/Universität Stuttgart
 
Bibliographie, Auswahl
MONDIA, KATALOG, stratozero.net/mondia – web-art-projekt mit Fabian Winkler, 2021/22
MALER UND MODELL, Jörg van den Berg/Harald F. Müller, Kunstverein Friedrichshafen, 2016
CIBA NOIR, Magazin 4, Bregenz, 2015
ARCHITECTURE AND URBANISME, 14:08, 526, Gigon/Guyer, Tokio 2014
FIRST CUTS – Harald F. Müller, Hrsg. Gerd Blum, Lars Müller Publishers, Zürich 2013
C A N, Katalog der Ausstellungen im Centre d`Art, Neuchâtel, 2001
GESCHÄFTSBERICHT 2000 der Ringier AG, Zürich
SINGEN, Georg Imdahl in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. August 2000
GIGON/GUYER ARBEITEN 1989-2000, Niggli-Verlag Zürich, 2000
HIER, DA UND DORT. KUNST IN SINGEN, Singen 2000
FOTOGRAF OHNE KAMERA, Beatrix Ruf in KUNST BEI RINGIER 1995-98, Zürich 1999
LIPSTICK TRACES von Philip Ursprung in Deutsche Bauzeitung 11/97
RESIDENTAL COMPLEX. BROELBERG IN KILCHBERG, Gigon & Guyer in: A+U Architecture and Urbanism 4/97
KONZEPTPHOTOGRAPHIE, Neue Zürcher Zeitung, 31.01.94
HARALD F. MÜLLER, Katalog, Kunsthalle Zürich 1994, Text Dr. Bernhard Bürgi
HARALD F. MÜLLER, GALERIE CARÉE, Katalog, Villa Arson, Nizza, 1992
LE DÉSENCHANTEMENT DU MONDE, Katalog, Villa Arson, Nizza 1990
AUF WEISSEM KUBUS, Christoph Blase in: FAZ, 06.02.92
PHOTO-KUNST, Katalog, Staatsgalerie Stuttgart, 1989
Landscape Template
Kunstmuseum Thurgau, Wand 1 (Fotografie: Guido Kasper)

Wand 1: MONDIA

Der Auftakt zur Ausstellung formuliert gleich einmal eine manifestartige Selbstbehauptung des Künstlers. Sechs blaue, vor einer orange-roten Wand schwebende Buchstabe setzen sich zum Wort MONDIA zusammen. Damit übernimmt Harald F. Müller gleich selbst die Aufgabe, die normalerweise von den Ausstellungsgestaltern realisiert wird. Er inszeniert den Ausstellungstitel, macht ihn zum Kunstwerk und führt modellhaft sein eigenes Kunstverständnis vor. Das Wort MONDIA ist ein Fundstück, das Harald F. Müller bei Recherchen im heute nicht mehr existierenden Archiv der Aluminium-Walzwerke Singen (Alusingen) auf einer Fotografie aufgespürt hat. Das Bild zeigt Lastwagen, auf dessen Blache unübersehbar der Markennamen MONDIA der Transportfirma prangt. Diese Wortschöpfung wurde auch zur Bezeichnung von Firmen für Fahrräder oder Uhren genutzt und erinnert sofort ans Französische "le monde" oder das Italienische "il mondo". Wenngleich MONDIA nur auf Rumänisch "Welt" bezeichnet, so tönt die Inszenierung der Buchstaben im Eingangsraum eine manifesthafte Behauptung an etwa im Sinn von: In dieser Ausstellung fasst der Künstler die "Welt". Seine Kunst beschäftigt sich mit universellen Fragen und Bildern. Er demonstriert, wie die Welt gesehen und gezeigt werden kann.

 

Vue De L'Installation Template
Harald F. Müller, 1978, MONDIA, 118 x 168 x 16 cm. Cibachrome auf Aluminium aufgezogen
 
Allerdings sind die Buchstaben spiegelverkehrt und gegen die normale Leserichtung von rechts nach links vor der Wand montiert. Dieses Verkehren ist ein Verweis auf Leonardo da Vinci, der seine Texte gerne in Spiegelschrift verfasst hat, damit sie von anderen nicht zu lesen wären. Auch Harald F. Müller schreibt oft spiegelverkehrt. Dies kann als Hommage an den genialen Renaissancekönner verstanden werden oder geradeso als übung, um beide Hirnhälften gleichermassen zu animieren. Im Ausstellungsraum wird das spiegelverkehrte MONDIA zu mehr als zu einem Verweis auf private Vorlieben des Künstlers. Die Spiegelung ist vielmehr eine Strategie zur Verhinderung einer leichten Lesbarkeit. Gleich zu Beginn der Ausstellung wird deutlich gemacht: Eine schnelle Lesbarkeit ist keine Eigenschaft von Kunstwerken, im Gegenteil: Gerade die Vermeidung einer voreiligen Sinnstiftung ist ihnen oft eigen. Kunstwerke sind ästhetische Stolperfallen, und die Welt ist zu komplex, um in einfachen Begriffen oder Bildern gefasst zu werden. MONDIA ist zudem auch ein Wortspiel. Die Buchstaben können als "MON DIA", mein Diapositiv gelesen werden. Der Diapositivfilm ist eine analoge Fototechnik, die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts nicht zuletzt im privaten Bereich eine massenhafte Verbreitung fand. Das Diapositiv bot dem kleinen Mann der Wirtschaftswunderjahre die Möglichkeit, seine eigene Welt bildlich einzufangen. Der Diaabend gehörte zu den gleichermassen geliebten wie verachteten Ritualen der Kleinfamilie. Das Dia war ein Ort der persönlichen und privaten Selbstversicherung: MON DIA - mein Bild!

Markus Landert